Content Marketing vs. Journalismus: Diese Gegenüberstellung ist falsch

„Content Marketing fordert den Journalismus heraus“
„Content Marketing – Der Journalismus von morgen?“
„Ruiniert Content Marketing den Journalismus?“

Es sind Überschriften (und Artikel) wie diese, die die Branche immer wieder aufhorchen lassen. Es klingt dann so, als würde Content Marketing den Journalismus ablösen (wollen). Das ist völliger Unsinn. Content Marketing hat vielmehr der klassischen und sehr oft nervtötenden Werbung den Kampf angesagt, nicht dem Journalismus. Denn es gibt Unterschiede zwischen Content Marketing und Journalismus – und Nutzer erkennen die Unterschiede. Beides ist gut. In diesem kurzen Artikel erläutere ich das an einem ganz einfachen Beispiel.

Stellen Sie sich vor, Sie suchen ein Bewässerungssystem für den Garten. Sie surfen im Netz. Der Abend neigt sich langsam dem Ende zu – und außer vielen verwirrenden, vielleicht auch widersprüchlichen – Worten haben Sie nicht viel im Kopf, als Sie sich in den wohlverdienten Schlaf wiegen.

Am nächsten Tag in der Mittagspause surfen Sie auf dem Telefon bei Facebook herum und GARDENA bietet Ihnen einen Inhalt mit dem Titel:

„Gartenschlauch war gestern, der smarte Garten kommt“

Da Sie zum einen eine Hand frei haben und sich zum anderen darüber freuen, dass dieses Internet irgendwie weiß, was Sie bewegt, klicken sie auf den Link und lesen. Sie stöbern weiter und Sie freuen sich über die Kompetenz, mit der Ihnen Auskunft gegeben wird.
Sie wissen übrigens ganz genau, dass Gardena kein unabhängiges Gartengerätetestmagazin ist, sondern ein Hersteller von Gartengeräten. Deshalb sind Sie auch kein Stück verwundert, dass es dort keine Gartengeräte von anderen Herstellern gibt.

Sie wissen (!), dass das Werbung ist.

Sie wissen (!), dass jemand Ihnen damit etwas verkaufen will.

Sie wissen (!) aber auch, dass niemand, der bei Verstand ist, Ihnen auf diesem Weg Müll andrehen will und Quatsch schreibt.


Content Marketing – Der Journalismus von morgen?

Ein Stück Content auf einer Markenwebsite ist kein unabhängiger Test

Warum sollte ein Journalist sich damit messen wollen und den Untergang seiner Zunft beweinen? Unabhängige Tests von Gerätschaften aller Art sind eines der großen Genres im Netz. Wie der Journalist damit auch immer sein Geld verdient – es ist jedem klar: Ein unabhängiger Test ist etwas anderes als ein Stück Content auf einer Markenwebsite.

Sie interessieren sich für die automatische Bewässerung Ihres Gartens und freuen sich hingegen über die Inhalte des Anbieters und vergleichen die Ideen und Möglichkeiten mit denen anderer Hersteller. Denn: Bevor man überhaupt weiß, welches Produkt man kaufen soll, muss man erst einmal wissen, was es für Ideen zum Thema gibt. Dann lohnt auch der Vergleich.

Unsere Haltung: Content Marketing ist vor allem Marketing

Eine Redakteurin in einer Content-Marketing-Redaktion hat vor allem die Aufgabe, Inhalte zu entwickeln, für die sich Menschen interessieren und die gleichzeitig zum Unternehmen passen. Und weil sie dafür recherchiert, Interviews führt, Informationen einordnet und Artikel schreibt, die Menschen gern lesen sollen, ist diese Arbeit zu einem großen Teil journalistisches Handwerk. Ein guter Content-Marketing-Redakteur verheimlicht in seinen Texten dabei nie, wer sein Auftraggeber ist.

Bei unseren Content-Marketing-Projekten ist diese Offenheit unsere klare Haltung. Immer. Das hilft dem Leser, die Inhalte richtig einzuschätzen. Und wenn es gute Inhalte sind, ist das natürlich auch positiv für das Unternehmen, das diese Inhalte publiziert. Deshalb ist Content Marketing auch nicht „der Journalismus von morgen“, es ruiniert den Journalismus nicht und will ihn auch nicht herausfordern. Manchmal sind die Inhalte besser und manchmal sind sie schlechter als die der Journalisten. Aber Content Marketing ist und bleibt auch mit relevantem Content im Zentrum vor allem eins: Marketing.

Unternehmen lassen sich an Inhalten messen, nicht an Werbung

Der riesige Vorteil an Content Marketing ist, dass Unternehmens Inhalte produzieren, die dazu dienen, sich vor dem eigentlichen Produktvergleich in das Thema einzufinden. Dazu kommt, dass Unternehmen sich auf einmal an ihren Inhalten messen lassen müssen und nicht an Ihrer Werbung. Da arbeiten heute Produktentwickler und Marketing Hand in Hand.

Es geht um Themen, nicht immer um Produkte

Denn es könnte ja auch sein, dass Sie sich gar nicht für Bewässerungssysteme interessieren, sondern für Urban Gardening oder die richtige Rasenschnitthöhe - oder Sie haben keinen Garten, aber einen Balkon und brauchen Inspirationen … Sie merken: Es geht gar nicht unbedingt um das Produkt, sondern um Themen, für die sich Menschen interessieren und nach denen sie im Internet suchen. Diese Perspektive seiner Kunden einzunehmen, ist ein nicht zu unterschätzender Sinneswandel.

Im Mittelstand war es schon immer Usus, gute Produkte zu produzieren – vielleicht ist Content Marketing deshalb so gut geeignet für diese Unternehmensgröße. Denn was Mittelständler immer besser verstehen, ist die Tatsache, dass Menschen am Ende ein Produkt brauchen (und kaufen), aber der Weg dahin führt nicht immer über eine Produktsuche.

Ein Journalist schreibt, weil er informieren und aufklären will

Ein Journalist hat eine ganz andere gesellschaftliche Funktion: Er muss der Politik, Wirtschaft und den Institutionen als vierte Kraft im Land auf die Finger schauen und unabhängig und objektiv sein. Er schreibt nicht, weil er verkaufen will, sondern aufklären und informieren muss. Diese Haltung wird auch jedem angehenden Redakteur in den Journalistenschulen oder Journalistik-Studiengängen vom ersten Tag an eingetrichtert. Das ist gut. Und an dieser Haltung misst sich auch zu einem großen Teil die Qualität journalistischer Arbeit. In den Worten des Journalisten Hanns-Joachim Friedrichs (1927–1995) klingt das so: „Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten.“