Alles, was ich in den 47 Seiten meiner Bachelorarbeit über Storytelling im digitalen Marketing gelernt habe

Geschichten haben die Kraft, zu bewegen, zu erschüttern oder zu begeistern. Manchmal auch all das gleichzeitig. In einer Zeit, in der die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne immer weiter sinkt, bilden Bücher, Filme und Fernsehen das Licht am Ende des Tunnels. Problemlos ziehen sie das Publikum in den Bann und tragen es weit über die 8-Sekunden-Schwelle hinaus. Wie auch Sie Erzählstrategien nutzen und die Aufmerksamkeit Ihrer Kund:innen für sich gewinnen können, erfahren Sie hier!

Warum Weihnachtswerbung inspirieren kann

Im Lebensmitteleinzelhandel hat sich in den letzten Jahren ein internationaler Trend etabliert. Supermarktketten auf der ganzen Welt ringen alljährlich um das Rampenlicht der Öffentlichkeit. Und zwar durch weihnachtliche Werbeclips: Ein vereinsamter Großvater, der seine Familie vermisstEine KI, die sich nach Menschlichkeit sehntAngehörige zweier Kriegsparteien, die sich am Weihnachtsabend die Hände schütteln. Das Ergebnis? Umsatzzahlen, die in die Höhe schießen. Klar ist: Ihre Geschichten faszinieren. Facts tell, Storys sell! Aber warum? In meiner Bachelorarbeit bin ich dieser Frage genauer nachgegangen.

Warum wir Geschichten schon immer gebraucht haben (und immer brauchen werden)

Wir erzählen ständig Geschichten – oft auch unbewusst. Wir kommunizieren, informieren und tratschen. Unsere Storys sind so ein selbstverständlicher Teil unseres Alltags, dass sie sogar den Hauptteil unserer täglichen Gespräche ausmachen. Wir nutzen Analogien und Vergleiche und umschreiben komplizierte Prozesse. Und das nicht erst seit gestern. Tatsächlich sind Geschichten die älteste Form, Wissen zu transportieren. Auch deshalb, weil sich Informationen als Geschichten viel nachhaltiger in unserem Kopf einnisten. Ganz gleich, ob frühzeitliche Unwetterwarnungen oder Jagderfahrungen, mittelalterliche Heldengeschichten oder Minnesang.

Storys haben uns schon vor Tausenden Jahren als Lebensretter gedient und werden dadurch auch heute noch von unserem Gehirn automatisch als wichtig angesehen und abgespeichert.

Geschichten können alles sein. Und alles kann zu einer Geschichte werden.

Storys beschränken sich schon lange nicht mehr auf handschriftliche Formen. Gehen wir von einer medienneutralen Definition aus, finden wir Storys in Bildern, Videos, Podcasts, Comics, Games oder Blogs. Und diese finden im digitalen Marketing vielfältige Anwendungsmöglichkeiten: Unternehmensporträts, Erfolgsgeschichten, Erfahrungsberichte von Kund:innen, spannende Projektbeschreibungen inklusive Fuck-ups und überwundenen Herausforderungen sowie Geschichten über Produktentwicklung oder Mitarbeiter:innen können kreativ erzählt und somit als Story aufbereitet werden.

5 Vorteile von Storytelling

1.

Komplexe Sachverhalte leicht kommunizierbar machen: Durch Storytelling können Sie Inhalte, Fakten und Informationen in spannende Geschichten verpacken und unaufdringlich an Ihre Kund:innen herantragen. Insbesondere Unternehmenswerte oder Lebensweisheiten können anhand von Geschichten greifbar gemacht werden.

Stellen Sie sich eine Werbekampagne eines Softwareunternehmens vor, das komplexe Datenanalyse-Tools entwickelt. Anstatt sich auf die technischen Details zu konzentrieren, erzählt die Kampagne die Geschichte eines kleinen Einzelhändlers, der mit der Analyse seiner Verkaufsdaten kämpft. Der Kurzfilm zeigt den Inhaber des Geschäfts, wie er sich abmüht, aus Tabellen und Diagrammen Sinn zu entnehmen. Dann entdeckt er die Software des Unternehmens, die die Datenanalyse vereinfacht. Die Geschichte nimmt eine Wendung: Mithilfe der Software identifiziert er Trends, versteht das Kundenverhalten besser und kann sein Geschäft strategisch ausrichten. Die Kampagne zeigt, wie der Einzelhändler dank der Software sein Geschäft zum Blühen bringt, die Kundenzufriedenheit steigert und effizienter arbeitet. Durch die Verwendung einer alltäglichen, nachvollziehbaren Geschichte wird das komplexe Thema der Datenanalyse greifbar und verständlich. Diese Art des Storytellings macht komplexe Sachverhalte nicht nur leichter verständlich, sondern zeigt auch die praktische Anwendung und den Mehrwert der Software in der realen Welt. Kund:innen, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind, können sich mit der Geschichte identifizieren und verstehen, wie das Produkt ihnen helfen kann, ihre eigenen Geschäfte zu verbessern.

2.

Den gewissen Mehrwert verleihen: Geschichten hauchen ihren Inhalten eine tiefgehende Bedeutung ein. Die Qualität, aber auch die Emotionen und Werte hinter Ihrer Story werden schnell mit Ihrer Marke in Verbindung gebracht. Dadurch entsteht ein Mehrwert, der Kund:innen auch nachhaltig in positiver Erinnerung bleibt. Die richtige Story kann Ihr Image erheblich beeinflussen und Ihr Unternehmen von der Konkurrenz abheben. Auf dieser Grundlage entstehen langfristige Beziehungen zu Ihren Kund:innen, die durch konsistentes Storytelling weiter gefestigt werden können.

Eine Kampagne für ein Bio-Lebensmittelgeschäft, das sich auf nachhaltige und lokale Produkte spezialisiert hat. Die Kampagne beginnt mit der Geschichte der Gründerin, einer jungen Frau, die aus einer Familie von Landwirten stammt. Der Kurzfilm zeigt sie in ihrer Kindheit auf dem Bauernhof, umgeben von frischen Produkten und der Natur. Sie erzählt von ihrer Vision, eine Verbindung zwischen lokalen Bauern und Verbrauchern zu schaffen, um frische, gesunde und nachhaltige Lebensmittel zugänglich zu machen. Die Geschichte verfolgt ihre Reise von der Gründung des Geschäfts bis hin zum Erfolg. Der Film zeigt, wie sie persönlich Bauernhöfe besucht, um die besten Produkte auszuwählen, und wie sie in ihrem Laden Gemeinschaftsveranstaltungen organisiert, um das Bewusstsein für gesunde Ernährung und Umweltschutz zu fördern. Kund:innen werden gezeigt, wie sie in dem gemütlichen und einladenden Geschäft einkaufen, von der Gründerin und ihrem Team beraten werden und die Geschichten hinter den Produkten erfahren. Diese Kampagne vermittelt die Werte der Marke: Frische, Qualität, Nachhaltigkeit und Gemeinschaft. Kund:innen, die in diesem Geschäft einkaufen, kaufen nicht nur Lebensmittel, sondern unterstützen auch lokale Bäuerinnen und Bauern und eine nachhaltige Lebensweise. Die Geschichte der Gründerin und ihre Leidenschaft für das, was sie tut, verleihen der Marke eine starke, authentische Stimme. So entsteht ein emotionaler Mehrwert, der die Kund:innen überzeugt und bindet. Sie fühlen sich nicht nur von den Produkten angezogen, sondern auch von der Geschichte und den Werten, die das Bio-Lebensmittelgeschäft repräsentiert. Dies hebt das Geschäft von anderen ab und schafft eine loyale Kundenbasis, die Wert auf Qualität, Nachhaltigkeit und Gemeinschaft legt.

3.

Emotional vs. rational überzeugen: In der Werbung gibt es ein Sprichwort: Amygdala first. Die Amygdala ist der Gehirnbereich, in dem Emotionen verarbeitet werden. Das Sprichwort sagt in etwa: Kund:innen entscheiden zunächst emotional und erst danach rational. Storys überzeugen ihr Publikum auf emotionaler Ebene und berühren es im Herzen. Durch Emotionalisierungen bleiben Inhalte besser bei uns haften als rationale Daten und Fakten. Das Wecken von Gefühlen – egal ob positiven oder negativen Ursprungs – kann auch Rezipient:innen, die desinteressiert, unkonzentriert oder gegenteiliger Meinung sind, erreichen. Ihre Storys entfalten eine besonders starke Wirkung, wenn Sie bewusst die Grundbedürfnisse des Menschen ansprechen – Liebe, Sicherheit, Selbstverwirklichung und Freiheit. Was mich zu Punkt 4 bringt.

Stellen Sie sich eine Werbekampagne für eine Spendenorganisation vor, die sich für den Zugang zu sauberem Trinkwasser in Entwicklungsländern einsetzt. Die Kampagne beginnt mit einem spannungsgeladenen Kurzfilm: Gezeigt wird ein kleines Dorf in einer trockenen Region, wo Wasser eine seltene und wertvolle Ressource ist. Die Hauptfigur, ein junges Mädchen, unternimmt täglich einen langen und gefährlichen Weg, um Wasser für ihre Familie zu holen. Die Erzählung begleitet sie auf ihrem Weg, vorbei an trockenen Feldern und ausgetrockneten Flüssen, während sie Hindernisse überwindet und Gefahren trotzt. Die Dramatik steigt, als sie an einem Tag auf ihrem Rückweg in einen Sturm gerät und fast ihr gesamtes, mühsam gesammeltes Wasser verliert. Trotz ihrer Verzweiflung und Erschöpfung setzt sie ihren Weg fort. Dann die Wende: Die Organisation schreitet ein und baut eine Wasserquelle direkt im Dorf. Die Erleichterung und Freude im Gesicht des Mädchens und der Dorfbewohner ist unbeschreiblich. Diese Geschichte zeigt nicht nur die Herausforderungen und Schwierigkeiten, mit denen Menschen in Wassermangelgebieten konfrontiert sind, sondern auch die transformative Wirkung, die Hilfe haben kann. Diese emotionale Erzählweise bleibt im Gedächtnis haften und motiviert zum Handeln. Sie spricht das Publikum auf einer tieferen, emotionalen Ebene an und zeigt, wie jeder Beitrag einen bedeutenden Unterschied machen kann.

4.

Identifikations- und Immersionspotenzial schaffen: Ein Hauptbestandteil jeder Geschichte: Protagonist:innen! Nehmen Figuren und Handlungen Ihrer Story auf die subjektiven Erfahrungen oder Bedürfnisse Ihres Publikums Bezug, bringen Sie es automatisch zum Mitfühlen, Mitfiebern und Miterleben. Storytelling ermöglicht dadurch nicht nur einen Perspektivwechsel, sondern auch ein sinnliches Eintauchen in das Geschehen. Die Glaubwürdigkeit der Botschaft nimmt zu und das Vertrauen in Ihre Marke wächst.

Stellen Sie sich ein mittelständisches Familienunternehmen vor, das seit Generationen hochwertige Outdoor-Ausrüstung herstellt. Die Geschichte beginnt mit dem Großvater, einem begeisterten Bergsteiger, der in seiner kleinen Werkstatt robuste, zuverlässige Bergsteigerausrüstung entwickelte. Sein Erbe wird von der jetzigen Generation weitergeführt, die die Tradition mit modernen Technologien und umweltfreundlichen Materialien kombiniert. Diese Geschichte wird aktiv in der Marketingstrategie des Unternehmens genutzt. Erzählt wird von der Hingabe des Großvaters, der Qualität seiner Produkte, die in extremen Bedingungen getestet wurden, und davon, wie diese Tradition der Exzellenz bis heute fortbesteht. Auf ihrer Webseite, in sozialen Medien und in Werbekampagnen heben die Verfasser die Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft hervor, zeigen, wie ihre Produkte von erfahrenen Handwerker:innen gefertigt werden und wie diese gleichzeitig innovative, nachhaltige Materialien verwenden. Kund:innen werden von dieser Geschichte angezogen. Sie sehen nicht nur ein Produkt, sondern eine Tradition, ein Stück Geschichte. Sie fühlen sich mit der Marke verbunden, weil sie Authentizität, Qualität und Nachhaltigkeit repräsentiert – Werte, die für moderne Verbraucher:innen immer wichtiger werden. Das Unternehmen hebt sich durch seine Geschichte von der Konkurrenz ab und baut eine loyale Kund:innenbasis auf, die die Produkte nicht nur wegen ihrer Funktionalität, sondern auch wegen der dahinterstehenden Geschichte und Werte schätzt.

5.

Unterhalten: Vergessen Sie nicht: Geschichten sollen vorrangig unterhalten.  Im besten Fall macht es Ihren Kund:innen Spaß, die Storys Ihres Unternehmens zu konsumieren. Was wertvoll ist, da es einen positiven Markenkontakt bedeutet.

Was eine gute Story ausmacht 

Spoiler: Es gibt nicht die eine Zauberformel, die perfekte Geschichten vom Himmel fallen lässt – wohl aber einige Hilfestellungen. Zunächst sollten Sie sich Ihres Zieles sowie Ihres Beweggrundes bewusst sein. Was möchten Sie mit Ihrer Geschichte erreichen? Möchten Sie etwa ethische Grundsätze teilen oder ein bestimmtes Produkt verkaufen? Oder beides?

Für Identifikationspotenzial sorgt in der Regel ein Held oder eine Heldin – also die Hauptfigur Ihrer Geschichte, für die Ihr Publikum eine gewisse Sympathie entwickeln soll. Auch Personen des alltäglichen Lebens können zu Held:innen werden. Oft sind es auch potenzielle Kundin:innen, die selbst zu Held:innen werden sollen. Dafür ist hilfreich: eine Persona. Im nächsten Schritt sollte Ihr Held oder Ihre Heldin mit einem Konflikt konfrontiert werden, den es zu überwinden gilt. Dabei ist es wichtig, Emotionen zu schüren und das Publikum an diesen teilhaben zu lassen. Erzählstrukturen wie die klassische Heldenreise können Ihnen helfen, einen Handlungsstrang zu entwickeln.

Wie Ihre Story im Gedächtnis bleibt 

Nutzen Sie Archetypen, Mythen oder Symbole, um Ihre Inhalte verständlich aufzubereiten. Diese besitzen die Eigenschaft, universal ähnlich interpretiert zu werden, und die Botschaft Ihrer Story kommt bei Ihrem Publikum genau so an, wie sie ankommen soll. Durch zusätzliche Prägnanzfaktoren wie Slogans, Leitmotive oder Melodien bleibt sie nachhaltig in Erinnerung.

Wählen Sie das Medium, das sich am besten für die Inszenierung Ihrer Story eignet. Grundsätzlich ist es von Vorteil, wenn Ihre Inhalte medienübergreifend geteilt werden können oder sogar von vornherein in verschiedene Medien integriert werden.

Ihre Kampagne kann zum Beispiel als TV-Spot beginnen und zusätzlich auf Instagram beworben und im Newsletter eingepflegt werden. Auf diesem Weg erreicht Ihre Story über Ihre Zielgruppe hinaus eine Vielzahl potenzieller Kund:innen.

Wie Sie überzeugend erzählen

Grundsätzlich ist eine Handlung am leichtesten zu verstehen, wenn sie inhaltlich schlüssig sowie zeitlich nachvollziehbar ist. Das Zurückhalten bestimmter Informationen kann Ihr Publikum aber auch zum Nachdenken anregen und tiefer in die Story einbinden. Hier eine für Marketingabteilungen durchaus ernst gemeinte Empfehlung: Grundkurs Dramaturgie belegen!

Wenn es sich für Ihre Marke anbietet, kann es interessant sein, mit Fiktion und Realität zu spielen. Damit ist nicht gemeint, dass Sie Ihren Kund:innen falsche Tatsachen verkaufen sollen. Vielmehr geht es darum, Bezüge zu existierenden Personen oder historischen Ereignissen in Ihre Geschichte einfließen zu lassen. Dadurch erscheint nicht nur die Handlung, sondern auch Ihre Marke authentischer.

Der volle Sinneseindruck zählt 

Jedes Medium erzählt anders. Grundsätzlich ist es jedoch von Vorteil, mehrere Sinne gleichzeitig anzusprechen. Die Kombination aus Sprache, Bildern und Musik hilft Ihnen, Emotionen zu wecken. Edeka tut dies beispielsweise jedes Jahr aufs Neue durch rührende Weihnachtsgeschichten in der Fernsehwerbung. Doch auch geschriebene Storys können durch Bilder erweitert werden. Sie helfen dabei, abstrakte Begriffe zu veranschaulichen, und sind schneller zu verstehen als Text.

In meinem Fall haben Kameraperspektiven, Montage, Farbgestaltung sowie Ton und Musik maßgeblich dazu beigetragen, eine gute und wirkungsstarke Geschichte im Rahmen einer Sainsbury’s-Werbung auf die Beine zu stellen.

Die individuelle Sichtweise der Hauptfigur wird etwa durch Voice-Over und subjektive Einstellungen dargestellt. Eine schnelle Schnittfrequenz treibt die Handlung voran und hält das Publikum auf Trab. Besondere Gegenstände werden im Detail hervorgehoben. Die Musik sorgt für eine harmonische Atmosphäre – und so weiter. Seien Sie sich Ihrer Gestaltungsmittel bewusst und werden Sie kreativ.

Zusammengefasst: So geht Storytelling 

  • Im Zentrum des Marketings stehen nicht Ihr Produkt, Ihre Marke oder Ihr Unternehmen, sondern die Geschichten, die Sie darüber erzählen.
  • Storytelling bietet Ihrem Unternehmen viele Vorteile, um Ihre Marketing- oder Vertriebsziele zu erreichen und Sie von der Konkurrenz abzuheben.
  • Die vielseitigen Einsatz- und Gestaltungsweisen von Storytelling geben es her, ein sehr breites Publikum auf unterschiedlichen Kanälen zu erreichen, zu berühren und auch auf lange Sicht zu überzeugen.

Lernen Sie uns kennen!

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